Archiv | Dezember, 2011

Silvester

31 Dez

Das Leben hat uns wieder. Fast eine Woche lagen wir krank im Bett, aber jetzt, am letzten Tag des Jahres, fuehlen wir uns schon deutlich besser. Die schlaflosen Fieber-Naechte sind ueberstanden, die nervenaufreibenden Stunden im abgedunkelten Hotelzimmer endlich vorbei. Wir atmen auf und stuerzen uns ins laotische (Nacht-)Leben.

An normalen Tagen klappen die Bewohner von Luang Prabang ab zehn Uhr abends ihre Buergersteige hoch. Doch zu Silvester ist erstaunlicherweise richtig was los im beschaulichen Staedtchen, auch zu spaeterer Stunde – wohl wegen der vielen westlichen Touristen. (Viele Buddhisten richten sich nach dem Mondkalender und feiern Neujahr erst vier Monate spaeter.)

Wir machen uns auf den Weg zu einer Open-Air-Party im Stadtzentrum, zu einer Art Strandbar, die an einem kleinen Seitenarm des Mekong liegt. Wir erwarten nicht viel, sind aber ziemlich ueberrascht – denn die Feier ist gut besucht und die Stimmung grandios. Barfuss tanzen wir im Sand, gucken aufsteigenden Lichterlampions hinterher und geniessen die laue Sommernacht. Endlich wieder zurueck im Leben. Willkommen 2012!

Silvester-Deko in Luang Prabang.

Wie die meisten Touris feiern auch wir auf einer Open-Air-Party ins neue Jahr.

Eine ziemlich stimmungsvolle Feier am Flussufer - die Lichterpunkte im Himmel sind keine Sterne, sondern Lampions, die langsam in die Nacht aufsteigen.

Und spater lassen auch wir einen Lampion fliegen...

...der, mit viel warmer Luft gefuellt, ziemlich schnell nach oben steigt...

...still wuenschen wir uns noch etwas fuers neue Jahr...

...denn schon bald ist unser Licht in den Wolken verschwunden.

Luang Prabang

30 Dez

Unsere Reise nach Luang Prabang beginnt mit neun Stunden Busfahrt. Wir werden auf den Sitzen durchgeschuettelt, die Laotin schraeg neben mir uebergibt sich ununterbrochen, eine andere stoehnt vor Uebelkeit, und durch die offene Bustuer wirbelt der rote Strassenstaub. Ich vermumme mein Gesicht und kaempfe gegen den permanenten Hustenreiz. Die Anstrengung lohnt sich: Ausblick in traumhafte Berglandschaften, Einblicke in das urspruengliche Landleben. Frauen duschen sich in ihren Freiluftbadezimmern, Kinder lachen und winken, Hunde, Huehner, Schweine ueberqueren die Strasse und ueberall wird Reis gepflanzt, getrocknet oder gedroschen.

In der Abenddaemmerung kommen wir in Luang Prabang an. Die Hostelsuche ist nicht einfach. Anscheinend wollen viele Asienreisende Weihnachten in der angeblich „schoensten Stadt Asiens“ verbringen. Luang Prabang ist wirklich schoen und auch ich kann mich dem Zauber nicht entziehen. Die Stadt besteht fast nur aus Tempeln und Kloestern, wird vom Mekong umflossen und von Bergen gesaeumt. Alles ist gruen. Filmkulissenreif.

Und dann ist auch schon Weihnachten. Ganz weit weg von Zuhause und ganz anders. Gemeinsam mit Theresa und Ina – zwei Maedels aus Deutschland – mieten wir Mountainbikes, strampeln 35 Kilometer durch die Berge und landen an tuerkis-farbenen Wasserfaellen. Herrlich. Obwohl es kalt ist, springen wir ins Wasser und sind danach mehr als erfrischt. Weihnachten wirkt so abstrakt. Abends  „feiern“ wir trotzdem. Sitzen alle zusammen, denken an die Lieben Zuhause, essen Toblerone und trinken Irish Coffee, um uns aufzuwaermen. Dabei kommt sogar bei uns so etwas wie Weihnachtsstimmung auf.

Kaum ist Weihnachten vorbei, erwischt es uns – ein heftiger Magen-Darm-Infekt. Unsere Bustickets fuer die Weiterfahrt verfallen. Wir haengen fast eine Woche in den Seilen beziehungsweise ueber der Kloschuessel. Ich habe Heimweh und finde alles im wahrsten Sinne des Wortes zum Kotzen. Zum Glueck schlaegt das Virus zeitversetzt zu, so dass wir gegenseitig den Krankendienst uebernehmen koennen. Zu Silvester ist die Sache dann ausgestanden. Nach einer Woche sind wir wieder reisefaehig und froh, weiterfahren zu koennen. Endlich!

Bei ihr gibt's die besten Baguettes in ganz Luang Prabang, und es gibt in der Stadt viele Baguettes - wohl ein Relikt aus franzoesischen Kolonialzeiten.

Der Mekong fliesst direkt an der Altstadt vorbei.

Am Mekong-Ufer: Eigentlich wollte uns der kleine Strandverkaeufer Armbaender andrehen. Aber dann entdeckte er Lines Handy, bekam leuchtende Augen und probierte alle Klingeltoene und Spiele aus. Er blieb eine halbe Stunde. Seitdem hat Lines Handy einen Michael-Jackson-Klingelton - den fand der Junge besonders gut.

Sonnenuntergang hinter den Bergen von Luang Prabang.

Typischer Baustil in der Altstadt - dieses Haus ist ein Wohnheim fuer Moenche.

In der Sonne trocknendes Seegras aus dem Mekong...

...das spaeter mit diversen Zutaten gewuerzt und als Snack verkauft wird.

Gegen Abend oeffnen ueberall Suppenkuechen und Essensstaende unter freiem Himmel. Oft im Angebot: So ziemlich alles von Huhn und Hahn...

...zum Beispiel frittierte Fuesse...

...oder frittierte Koepfe. Auch Gehirne, Daerme und andere Innereien stapeln sich auf den Verkaufstellern - diesen Anblick ersparen wir euch aber lieber.

Fahrradtour zu Heiligabend - mehr als 70 Kilometer meist Berg rauf oder runter.

Zwischenstopp an den Kuang-Si-Wasserfaellen...

...die aber weniger fuer ihr fallendes Wasser als vielmehr fuer ihre tuerkisfarbenen Naturpools bekannt sind, in denen auch (teilweise) gebadet werden darf.

Muede aber gluecklich endet Heiligabend mit einem starken Irish Coffee.

Nach drei Monaten erwischt es uns zum ersten Mal richtig. Nicht die Snacks der indischen Strassenverkaeufer, nicht die Fischgerichte der sri lankischen Garkuechen und auch nicht die thailaendischen Delikatessen auf den schummrigen Night Markets machten unseren Maegen bisher Probleme – das schafft erst der Besuch eines schickeren Restaurants im Herzen Luang Prabangs mit seinen teuren Hotels, sauberen Buergerstiegen und weissen Tischtuechern. Tage pendeln wir zwischen Bett und Bad. Die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt.

Zum Glueck, denke ich, haben wir wenigstens einen Fernseher im Hotelzimmer. Rund 100 verschiedene Sender aus ganz Suedostasien empfaengt das Geraet. Doch was ich zu sehen bekomme, treibt mein Fieber eher nach oben als nach unten. Manchmal bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich schon Wahnbilder oder noch die Realitaet wahrnehme. Dicke Menschen in neon-farbenen Stretchanzuegen tanzen ueber die Mattscheibe. Huehner, die Hurrican oder Terminator heissen, kaempfen vor meinen Augen, jagen sich gegenseitig metallene Dolche in die Koerper, die vorher an ihre Fuesse gebunden wurden. Und ploetzlich bruellt ein Adolf-Hitler-Verschnitt mit Blume im Haar aus den TV-Lautsprechern.

Ich wische mir den Schweiss von der Stirn, mache Beweisbilder, druecke den Aus-Knopf und lasse mich zurueck aufs Kopfkissen fallen. Was war das?

Zwei Mal schalte ich den Fernseher noch ein, schalte wieder ab, kann es nicht ertragen das flimmernde Elend aus billigen Unterhaltungssendungen, banalen Verkaufsshows und blutigen Wettkaempfen. Brot und Spiele fuer die Massen, denke ich, Trash-TV fuer Grenzdebile, in diesem Land, in dem ein Fernseher zur Grundausstattung gehoert – selbst in den einfachsten Huetten. Eigentlich eine Chance: Aber wo sind die Bildungs-, Nachrichten- oder Wissenssendungen fuer die, die sich keine Zeitung leisten koennen, fuer die vielen Analphabeten im Land oder fuer die, die einfach etwas mehr vom Fernsehen erwarten?

Mit Wehmut denke ich an Deutschland, den Oeffentlich-rechtlichen Rundfunk, diese kraftvolle Wissensmaschine, die alle teilhaben laesst. Nicht jede Sendung ist perfekt, klar, aber gerade jetzt, hier in Laos, im Kontrast zum hiesigen Angebot, wird mir klar, was mir fehlt: ordentlicher Journalismus. Langsam schlafe ich ein. Der Fernseher bleibt die naechsten Tage aus.

Hauptsache Schrill: Ein als Frau verkleiderter Mann im Aerobic-Look laesst seine Hueften kreisen und kreischt dabei herum - fertig ist die Nachmittagssendung.

Die Kampfhaehne koennen schon nicht mehr - aber deshalb wird der blutige Kampf noch lange nicht beendet. Der Zuschauer darf miterleben, wie sich die Tiere Stueck fuer Stueck ihr Fleisch aus dem Koerper hacken.

Ich konnte nicht verstehen, was der asiatische Hitler-Imitator in dieser Szene gebruellt hat, aber es liess mir das Blut in den Adern gefrieren.

Luang Namtha

22 Dez

Laos empfaengt uns mit traumhaften Bildern, Landschaften wie aus dem Bilderbuch, mit Bergketten, Taelern, Dschungelwaeldern, Reisfeldern, Huettendoerfern und unzaehligen goldenen Tempelkuppeln, die in den tiefblauen Himmel ragen. Weite. Sehnsucht. Wir verlieren uns in den Horizonten dieser unglaublich schoenen Landschaft. Wind weht durchs offene Busfenster, neben uns kraeht ein Hahn auf dem Sitz, eingepackt in Karton. Daneben Reissaecke, Gasflaschen, verschnuerte Pakete. Wir sind die einzigen Nicht-Laoten im uralten Gefaehrt, die anderen Touris haben an der Grenze den deutlich komfortableren Minibus nach Luang Namtha gewaehlt.

Gut 200 Kilometer Schlangenstrasse, an den Bergen hoch, scharfe Kurven, immer knapp am Abgrund, runter ins Tal rollen lassen. Die Bremsen schleifen, das Fahrwerk rumort, wer hier in oeffentliche Verkehrsmittel steigt braucht ein solides Urvertrauen in Fahrer und Technik. Kurz denken wir an Indien, an Sri Lanka, unsere Nahtod-Erlebnisse im Verkehr, die knappen Ueberholmanoever, die betrunkenen Fahrer, die droehnende Musik, das Adrenalin in unseren Adern. Warum sollte es ausgerechnet hier schiefgehen? „Herr Wichert, das Impfen ist eine Sache, aber Sie muessen wissen, die meisten Touristen sterben bei Bade- und Verkehrsunfaellen“, sagte mir damals die Tropenmedizinerin in Bremen als sie mir die letzte Tollwutimpfung in den Koerper drueckte. Kurz muss ich an ihre Worte denken, zucke zusammen, verdraenge die Warnung wieder und lasse das Schicksal bestimmen.

Sechs Stunden spater erreichen wir Luang Namtha, finden ein angenehmes Guesthouse und versuchen uns an die Kaelte zu gewoehnen. Das Staedtchen liegt in der noerdlichen Hochebene, und Dezember bedeutet auch hier Winterzeit. Nachts sinken die Temperaturen oft unter zehn Grad. Das ueberrascht uns. Alles was wir haben, ziehen wir an, uebereinander, ob’s passt oder nicht, oft sieht das ziemlich schraeg aus, egal, Hauptsache uns ist halbwegs warm. Nach fast drei Monaten tropischer und subtropischer Hitze sind wir solche Temperaturen nicht mehr gewohnt. Wir schluerfen heisse Suppe und dampfenden Tee. Erst am naechsten Tag, mit zunehmender Sonne, steigen die Temperaturen, gegen Mittag reichen uns dann sogar T-Shirt und Flip-Flops.

Luang Namtha ist ein ueberschaubarer Backpacker-Ort, nicht so laut und kuenstlich wie die Staedte in Nordthailand, die wir gesehen haben, mit ihrer Touri-Folklore, den dressierten Tieren, durchgenudelten Hilltribe-Touren und Mc-Donalds-Filialen. Hier in Luang Namtha gibt’s noch keinen Minibus-Transfer direkt an den Wasserfall, noch keine Schiessanlagen, in denen Touris mit scharfen Pistolen und Gewehren rumballern koennen. Hier gibt’s einen Night Market mit leckerem Essen, freundliche Einwohner, entspannte Reisende und eine grossartige Natur aussenrum. Mit Mountainbikes gucken wir uns die Gegend an, mit einem Einheimischen gehen wir in den Dschungel. Definitiv ein Highlight unserer Reise.

Unser Bus nach Luang Namtha kurz vor der Abfahrt.

Kaum Profil und abgeplatzte Reifen - der gesunde Menschenverstand sagt niemals, der Koerper steigt trotzdem ein.

Weite Ebenen und steile Berge sind typisch fuer Laos.

Spontaner Busstop in einem kleinen Dorf. Am Strassenrand bietet eine Frau mit ihren drei Kindern heissbegehrte Ware an...

...frisch erlegte Wildvoegel und Eichhoernchen - ihr Fleisch gilt vor allem bei der Landbevoelkerung als Spezialitaet...

...auch wenn das ein oder andere Tier auf der roten Liste stehen duerfte.

In vielen Doerfern scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Die Bewohner leben oft in einfachen Bambushuetten, frei von jedem Luxus oder modernen Einfluessen.

Motorraeder, Bierdosen und Satellitenschuesseln gibt's allerdings in jedem Dorf.

Im Dschungel zeigt uns Joy (unser Tour-Guide) die Galangale-Pflanze. Sie gibt der auch in Europa beliebten Tom-Ka-Suppe ihren typischen Geschmack.

Hmmmm... riecht auch wie Tom-Ka-Suppe!

Die Kardamom-Wurzel ist gut fuer Tee gegen Magenschmerzen.

Und der Saft des "Blood Tree" hilft gegen Nasenbluten.

Der 26-Jaehrige Joy gehoert zum Bergvolk der Yao. Waehrend der Tour servierte er uns einheimische Spezialitaten auf Bananenblaettern. Es war wirklich lecker!

Fuenf Stunden ging unsere Trekking-Tour steil bergauf und wieder steil bergab durch den dichten Dschungel. Ein herrlicher Tag, den wir nicht vergessen werden - genauso wenig wie den miesen Muskelkater, den wir noch tagelang spuerten.

Verwirrende Beschriftung

17 Dez

Ein tonnenschwerer Baumstumpf an der thailaendisch-laotischen Grenze - wen ueberkommt da nicht sofort die Lust, das Ding einfach mitzunehmen?

Menue-Karte einer Pizzeria in Chiang Mai. "Wuerstel di Pollo" - selten haben wir eine so schoene sprachuebergreifende Bezeichnung fuer Gefluegelwurst-Pizza gelesen.

Hotel in Mumbai - Luxus ist halt Definitionssache.

Auch er will verwirren mit seinen Beschriftungen: Ein Faelscher in Bangkok, der ganz offen seine Dienste auf der Strasse anbietet. Presseausweise, Fuehrerscheine oder auch die Bahncard 100 - kurz haben wir ueberlegt, aber nur kurz.

Chiang Mai

15 Dez

Urspruenglicher Dschungel, Natur erleben, tagelang wandern – wir begeben uns zu dem Ort, der all das verspricht: Chiang Mai.

Aber auch hier werden wir enttaeuscht. Wandern ist nur moeglich, wenn man eine Tour der vielen Reiseanbieter bucht. Trekking auf eigene Faust wird nicht empfohlen. Es gibt wilde Tiere, Schleichwege fuer Drogenschmuggler und keine Wegmarkierungen. Alle Touren, die uns angeboten werden, beinhalten weniger Trekking, sondern mehr das Besichtigen „urspruenglicher“ Bergvoelker, die in den Waeldern leben (wobei „urspruenglich“ ein fraglicher Begriff ist, wenn man bedenkt, dass in den Bergdoerfern taeglich Busladungen von Touristen durchgeschleust werden). Daneben ist bei einer solchen Tour auch Rafting auf einem Bambussfloss und das Reiten von Elefanten mit im Programm. Bier gibt’s gratis dazu, versteht sich. Und fuer den Trip wird ein Heidengeld verlangt.

Wir entscheiden uns dagegen und versuchen unser Glueck trotz Warnungen: Beim ersten Versuch fahren wir mit unseren Raedern auf einer vierspurigen Strasse und bangen um unser Leben beziehungsweise unsere Lungen, wandern teils in schoenen Waeldern, meistens aber an einer vielbefahrenen Strasse. Auch der zweite Versuch endet zwar an schoenen Wasserfaellen, aber erst nachdem wir neun Kilometer an einer Strasse gelaufen sind und eine Staublunge haben.

Auf dem Weg sehen wir die ganzen Tourbusse vorbeifahren und beobachten fasziniert immer wieder das gleiche Schauspiel: Aus den Minibussen droehnen die Baesse, es regnet Bierdosen. Alle zwei Kilometer gibt es an der Strasse wahlweise eine Schlangenfarm, eine Krokodilshow, ein Monkeycenter oder natuerlich ein Elefantenhaus. Hier stoppen die Busse, die groelenden Touris freuen sich, wie die abgerichteten Tiere Kunststuecke vorfuehren, bevor sie 50 Kilometer weiter noch die Bergvoelker besuchen oder auf ein Bambusfloss steigen. So sehen hier also die angepriesenen Trekkingtouren aus.

Wir beschraenken uns darauf die Tempel anzuschauen und verlassen mit fliegenden Schritten die Stadt.

Spinne in einem Park bei Chiang Mai - mehr als 20 Zentimeter Spannweite.

Ueberall rechts und links an den Wegen haengen die riesigen Tiere.

Auch dieses Exemplar lief uns immer wieder ueber den Weg. Der Biss des roten Hundertfuesslers ist nicht nur schmerzhaft, sondern muss auch im Krankenhaus behandelt werden - lesen wir spaeter im Internet.

Ein ueberfahrenes Exemplar.

Schlangen in Freiheit sind so scheu, dass wir sie nicht zu Gesicht bekommen haben - ausser platt auf der Strasse wie dieses Tier.

Und es gibt die wunderschoene Landschaft Nordthailands mit Dschungel, Fluessen und Wasserfaellen. Dafuer mussten wir uns aber erst durch die versmogten und verstopften Ausfallstrassen Chiang Mais nach draussen kaempfen.

Oben am Berg ist das Wasser noch rein und klar. Unten in der Stadt wird das schnell anders, denn viele Thais leiten ihre Abwaesser ungefiltert in den Bach.

Sukhothai

9 Dez

Es wird als die Wiege Thailands bezeichnet – das Koenigreich Sukhothai. Vor rund 700 Jahren umfasste es weite Teile des heutigen Staatsgebietes sowie Teile Myanmars. Und hier, gut 400 Kilometer noerdlich von Bangkok, war das Zentrum der Macht. Heute ist die ehemalige Koenigsstadt ein „Geschichtspark“, ein Weltkulturerbe, in dessen Naehe nichts Neues gebaut werden darf, damit Denkmal und Umfeld nicht verschandelt werden, lesen wir im Reisefuehrer. Atemberaubende Tempelanlagen, riesige Buddhafiguren und einmalige Palastanlagen werden versprochen. Klar, dass wir das sehen wollen.

Die Enttaeuschung vor Ort ist gross. Der kostenpflichtige Geschichtspark entpuppt sich als weitlaeufige Parkanlage mit akkurat geschnittenen Rasenflaechen, breiten Asphaltstrassen und kitschigen Souvenirstaenden, in dem es ansonsten wenig zu sehen gibt. Kaum ein Stein steht hier noch auf dem anderen, Hinweis- oder Erklaerungsschilder fehlen ganz. Die Besucher scharen sich um die wenigen Gebilde, die noch stehen, und schiessen die immer gleichen Fotos – so wie wir auch. Und wer nicht als Reisegruppe mit eigenem Fuehrer unterwegs ist, muss auf einen teuren Voice-Guide zurueckgreifen, dessen elektronische Stimme erklaert, was auf den jeweiligen Gruenflaechen einmal zu sehen war. Toller Geschichtspark.

Unser Interesse richtet sich auf eine deutsche Reisegruppe, die sich zwischen den Ruinen durchschiebt. Etwa 30 Leute, zwischen 40 und 60 Jahren. Eine Blondine loest sich von der Gruppe, schwingt sich auf eine Buddhafigur und versucht auf der heiligen Statue zu reiten, fuers Foto eben, ein bisschen Spass muss doch sein. Was die Dame wohl von einem Thai denken wuerde, der sich im Koelner Dom neben Jesus ans Kreuz haengt? Wenige Meter weiter, zwei Herren, karierte Hemden in Jeans-Hosen, akkurate Kurzhaarschnitte, fachmaennische Blicke, besprechen Statik und Substanz der mehr als 700 Jahre alten Ruinen. „Sieht ja nicht so gut aus“, sagt der eine. „Ja, die haben ordentlich Probleme mit dem Fundament hier“, antwortet der andere, frei von Ironie. Sichtlich zufrieden mit ihrer detailierten Analyse ziehen sie weiter. Die Reisefuehrerin ruft zur Abfahrt. Wir bleiben sprachlos zurueck. Was die wohl zu Hause ueber Thailands Geschichte erzaehlen?

Mit Leihfahrraedern sind wir durch den "Geschichtspark" geduest.

Die wenigen noch stehenden Bauten sind begehrte Fotomotive.

Buddha im Wat Mahathat, dem wichtigsten Tempel des Königreichs von Sukhothai.

Groesste Figur in der Anlage - rund 15 Meter hoch.

Das Fundament-Problem.

Hochwasser

7 Dez

Wird es klappen? Werden wir von Bangkok irgendwie Richtung Norden fahren koennen, mitten durch die Ueberschwemmungsgebiete? Bis zuletzt wissen wir es nicht. Das Ausmass der Katastrophe soll enorm sein, eins der schlimmsten Hochwasser in Thailand, schreiben die Zeitungen. Aber kaum jemand weiss Genaues. Nur Geruechte, die einen sagen, die Verkehrswege gen Norden sind wieder frei, die anderen behaupten das Gegenteil. Wir sind erstaunt, als wir am Bahnhof problemlos Zugtickets kaufen koennen, und wir hoffen, dass die Fahrt zwei Tage spaeter nicht wieder abgesagt wird.

Es klappt. Am fruehen Morgen rollt unser Zug aus dem Zentrum, raus aus Bangkok, und wir fangen an, das Ausmass der Ueberschwemmungen zu begreifen. Nicht nur die Randgebiete der Metropole sind betroffen, noch kilometerweit ins Hinterland reichen die riesigen Seen, die es an diesen Stellen eigentlich gar nicht geben duerfte. Unser Waggon rollt ueber einen hohen Damm, etwa zwei Meter hoeher als die Umgebung. Deswegen koennen Zuege wieder fahren, waehrend es per Auto oder Bus noch problematisch ist. Stumm starren wir ins Elend.

Vorort von Bangkok. Wir haben es nicht geglaubt, aber zwischen den Truemmern leben nach wie vor Mensch und Tier.

Oft treffen Umweltkatastrophen zuerst die Aermsten der Armen - nicht anders bei diesem Hochwasser. Die Sandsaecke im Vordergrund sollen uebrigens die Schienen auf unserer Seite und nicht die Slums dahinter schuetzen.

Nach zwei Stunden Fahrt immer noch Hochwasser. Dieser See ist normalerweise fruchtbares Ackerland - fuer die Bauern verlorenes Land.

Bangkok

6 Dez

Nach dem chaotischen Indien und dem etwas stressigen Sri Lanka atmen wir auf. Alles ist hier so einfach, so stressfrei. Das Meiste erledigt sich fast wie von selbst, kein nerviges  Organisieren und Suchen. Die Stadt ist so sauber, der Verkehr ueberschaubar und vergleichsweise wenig Smog. Herrlich! Ich bin vor allem begeistert, dass ich ueberall Frauen auf den Strassen sehe. Kein Angestarrt werden, keine Kommentare. Das tut gut! Auch von den Ueberschwemmungen sieht man nur noch gestapelte Sandsaecke an manchen Ecken liegen.

Wir goennen uns ein tolles Hotel mit Pool mitten im Backpackerviertel – Khao San. Die naechsten Tage lassen wir es uns richtig gut gehen, schwimmen jeden Tag im Pool,  erkunden die Stadt, probieren uns durch die vielen leckeren Essensstaende, die ueberall an den Strassen stehen, trinken frisch gepressten Saft, geniessen Thai Massagen fuer nicht mal vier Euro die Stunde,  sitzen abends lange in Bars, hoeren Livemusik und treffen andere Reisende. Nach einer schoenen Woche zwingen wir uns in den Norden aufzubrechen. Bangkok hat Suchtpotential!

Kleiner Suppenstand auf einem Parkplatz. Es war eine der besten Mahlzeiten, die wir gegessen haben!

Anders als die Franzosen, essen die Thais den Frosch im Ganzen. Dafuer wird das Tier lebend in die Friteuse geworfen. Wir haben nicht probiert!

Besonders beliebt: frittierte Schaben.

Oasen der Ruhe an buddhistischen Tempeln: Die kleinen Geisterhaeuschen gehoeren zum Stadtbild. Drumherum werden Opfergaben wie Reis, Fleischkloesschen oder auch Fanta fuer die Geister bereitgestellt - und schon ist das Haus geschuetzt.

Auch vorm Shoppingcenter wird Buddhismus praktiziert.

Weihnachtsstimmung am MBK - eine der groessten Shopping-Malls in Bangkok.

Er ist das am laengsten regierende Staatsoberhaupt der Welt – Thailands König Bhumibol. Seit 1946 ist der Monarch das Gesicht des Landes. Und die Verehrung scheint grenzenlos. Kein offizielles Gebaeude ohne meterhohes Portrait, keine Kreuzung ohne Koenigsaltar, kein Wohnzimmer ohne ein Bhumibol-Foto. Meist Bilder aus vergangenen Zeiten, schwarz-weiss oder sepia, die den heute 84-Jaehrigen in juengeren Jahren, in oft sportlich-eleganten Posen zeigen.

Und wer die Thais fragt, hoert immer diesen einen Satz: „We love the king!“ Schon etwas unheimlich, aber klar, wer etwas Kritisches sagt, bekommt schnell Probleme mit der Staatsmacht – und manchmal auch eine Haftstrafe, wie aktuelle Beispiele zeigen. Erst vor wenigen Tagen wurde ein US-Buerger zu zweieinhalb Jahren Knast wegen Majestaetsbeleidigung verurteilt. Der gebuertige Thai hatte eine wenig schmeichelhafte Biografie ueber Bhumibol ins Thailaendische uebersetzt und ins Internet gestellt.

Auch als Tourist muss man aufpassen, denn wer seine (unreinen) Fussflaechen in Richtung eines Koenigsbildes richtet, begeht eine Straftat. Zwar sehen es die Ordnungshueter bei Fremden nicht ganz so eng, doch wenn sie jemanden erwischen, der beispielsweise auf Thai-Geld (immer mit Koenigsemblem) tritt, koennen sie ihn direkt verhaften, denn darauf steht eine hohe Haftstrafe. Ich muss mich immer wieder selbst daran erinnern, fuer den Fall der Faelle: Niemals eine wegrollende Muenze mit dem Fuss stoppen. Und wenn es doch Mal passiert, rufe ich einfach: „I love the king! I love the king!“

An den Strassen Bangkoks gibt es gefuehlt mehr Koenigsbilder als Verkehrsschilder.

Erleuchteter Koenigspalast am Abend vor dem 84. Geburtstag Bhumibols.

Marschierende Schulkinder zum Koenigsgeburtstag.