Archiv | Juni, 2012

You better Belize it!

27 Jun

„… Tropical the island breeze, all of nature, wild and free, this is where I long to be – La isla bonita…“.

Das singt Madonna über eine der vielen Inseln, die vor Belize an der Küste liegen und hier Cayes genannt werden. Genau dort wollen wir hin. Naja, fast genau. Da die besungene Caye Ambergris mittlerweile wegen des Massentourismus dem Inseltraum nicht mehr ganz entspricht, entscheiden wir uns für die wesentlich untouristischere und kleinere Nachbarinsel, die Caye Caulker. Eine ursprüngliche Fischerinsel mit Mangrovenwäldern, ungeteerten Strassen und ohne Autoverkehr.

„… I want to be where the sun warms the sky, when it´s time for siesta you can watch them go by, beautiful faces, no cares in this world, where a girl loves a boy and a boy loves a girl…“

Bei der Ankunft werden wir im typischen Insel-Slang begrüßt: „Yo man, welcome to Belize!“ Rastamänner, Palmen, Sonne und der Geruch von Marihuana, ein absolutes Karibikklischee. Das noch eben bereiste Guatemala liegt gefühlte tausend Kilometer entfernt.

„…And when the samba played, the sun would set so high, ring trough my ears and sting my eyes, your spanisch lullaby…“

In den kommenden Tagen genießen wir das Insel-Feeling und machen eine „Unda de Wadda Tour“ – eine Schnorcheltour zu verschiedenen Riffen in der Umgebung. Unser Guide heißt Marph und bezeichnet sich selbst als „da Best“. Marph hat uns nicht zu viel versprochen. Dank ihm sehen wir Meeresschildkröten, Ammenhaie, riesige Rochen und wunderschöne Korallen. Es ist „marphellous“ oder“unbelizable“ wie die Insulaner jetzt sagen würden. Mit Madonna im Ohr und unvergesslichen Bildern im Kopf reisen wir ein paar Tage später weiter.

„…I prayed that the days would last, they went so fast,… la Isla bonita…“

Ankunft auf der Caye Caulker bei strahlendem Sonnenschein.

Auf Schnorcheltour: Beim ersten Stopp sehen wir unter anderem eine grüne Meeresschildkröte, sodass wir gar nicht mehr ins Boot zurück wollen.

Beim zweiten Stopp werden Ammenhaie und Rochen mit Futter angelockt, und wir schnorcheln mittendrin. So ganz geheuer ist mir allerdings nicht, als plötzlich drei riesige Manta-Rochen auf mich zuschwimmen.

Abendstimmung in der Karibik: An unzähligen Ständen gibt es gegrillten Fisch zu kaufen oder eine der vielen Schnorcheltouren zu buchen…

…oder man kann bei einem kühlen Drink einfach den Sonnenuntergang geniessen.

Haarige Mitbewohnerin

24 Jun

Mit meiner Taschenlampe bahne ich mir den Weg durch unser Hotelzimmer in Guatemala, es ist zwei Uhr nachts, meine Blase drückt. Im Halbschlaf ziehe ich die knarrende Tür zum Badezimmer auf, langsam, um Line nicht zu wecken, plötzlich erschrecke ich, springe rückwärts aus dem Bad, verdammt, was war das? Habe ich im Schein der Lampe gerade eine Vogelspinne gesehen?

Line wacht auf, ich erkläre ihr, was ich glaube gesehen zu haben. „Krass“, sagt sie, dreht sich um und schläft weiter. Ich kann nicht schlafen, nicht nach diesem Erlebnis, ich will wissen, was in unseren vier Wänden lebt, außerdem drückt meine Blase. Ich mache das Deckenlicht an… und sehe… nichts. Keine Spur von einer Spinne oder etwas Ähnlichem. Erleichtert schlafe ich wenig später ein.

In der nächsten Nacht sehe ich das Tier wieder, fast an der selben Stelle, diesmal greife ich zum Fotoapparat und mache Bilder. Dann krabbelt die lichtscheue Kreatur hinter die Waschbecken-Verkleidung, wo sie scheinbar lebt. Uns schaudert es, ab sofort machen wir es so: Licht an, zwei Minuten warten, erst dann ins Bad. Die haarige Mitbewohnerin sehen wir nicht mehr wieder.

Das lichtscheue Tier zeigt sich immer nur nachts.

Körperstrafen

23 Jun

Wir trauen unseren Augen kaum, denn was das Revolverblättchen „Nuestro Diario“ an diesem Tag als Aufmacher präsentiert, das hätten wir in Guatemala nicht für möglich gehalten, wo wir uns seit ein paar Tagen wieder aufhalten. Ein junger Mann steht mit schmerzverzerrtem Gesicht auf einem öffentlichen Platz, sein Oberkörper ist nackt. Ein Peitschenhieb trifft ihn. Wie bei einer Straßentheater-Aufführung stehen Kinder und Greise, Frauen und Männer pulkartig um das Schauspiel herum – einige fotografieren, andere filmen.

Doch die Vorführung ist kein Spiel, die Bestrafung ist real. 20 Peitschenhiebe treffen den  jungen Dieb, so hat es die Gemeinschaft kurz zuvor beschlossen. Hühner und Bargeld soll er in der Nachbarschaft gestohlen haben, zusammen mit zwei Komplizen, die am Rande des Platzes stehen und als nächste dran sind. Auch eine Frau ist dabei. Auge um Auge, Zahn um Zahn – diesem uralten Gerechtigkeitsprinzip folgt das Strafritual, bei dem die Bestohlenen selbst die Peitsche schwingen dürfen.

Selbstjustiz in Guatemala ist keine Seltenheit, lesen wir im Internet. Überall dort, wo der Staat nicht mehr präsent ist, sich nicht mehr um Gesetz und Gerechtigkeit kümmert, nehmen die Bürger das Recht in die eigenen Hände. Und das ist immer häufiger der Fall. Eine Entwicklung, die hin und wieder auch zu Lynchmorden und krassen Verhaltensregeln führt. So soll in einigen Dörfern Guatemalas mittlerweile das Tragen langer Haare (bei Männern) oder sichtbarer Tätowierungen unter Strafe stehen.

Eine Entwicklung, die auch zu dem passt, was wir selbst mitbekamen, als wir sechs Wochen bei einer Familie in San Pedro La Laguna lebten. Dorfangelegenheiten werden intern geregelt, hörten wir die Leute sagen, nur selten erfuhren wir, was sie damit meinten. Es gab eine Art Bürgerwehr, die mit Einbruch der Dunkelheit in den Straßen patroullierte, Leute nach Belieben anhielt und kontrollierte. Touristen wurden meist in Ruhe gelassen.

Ein Spanischlehrer erzählte uns von einer Vergewaltigung. Im Dorf einigte man sich auf eine Wiedergutmachungszahlung und den Umzug des Täters an einen anderen Ort. Die Polizei erfuhr nie davon. Und dann waren da noch die toten Männer, die mit gespaltenem Schädel im See gefunden wurden, zwei Monate vor unserer Ankunft. Das war sogar in der Presse zu lesen. Eine Angelegenheit unter Einheimischen, hörten wir, die Getöteten seien „locos“ gewesen, Verrückte, die nur Ärger machten, nichts, worüber wir uns Gedanken machen müssten.

Die Titelgeschichte des Revolverblättchens „Nuestro Diario“ spielt in dem kleinen Städtchen San Pedro Jocopilas, das im Herzen Guatemalas liegt…

…und in dem die Schuldiggesprochenen vor der Urteilsvollstreckung öffentlich präsentiert werden. Das Trio soll Hühner und Geld von Nachbarn geklaut haben…

…dafür gibt’s jeweils 20 Peitschenhiebe…

…auch die Frau des Räubertrios muss niederknien und erhält ihre Strafe.

Costa Rica

16 Jun

Nebelschwaden ziehen über den schmalen Weg, der durch den dichten Regenwald führt. Riesige Baumfarne, Moose, Lianen und Würgebäume umgeben uns. Im Unterholz knackt es, man hört exotische Vogelstimmen und überall rieselt, plätschert und tropft es. Ab und zu fliegen Kolibris und bunte Schmetterlinge vorüber. In der Ferne hören wir Affengeschrei – eine einzigartige Atmosphäre.

Eigentlich wollten wir nicht nach Costa Rica kommen, viele Reisende haben uns davon abgeraten: zu teuer, zu touristisch, zu wenig ursprünglich. Zum Glück haben wir nicht auf sie gehört. Schon nach wenigen Tagen habe ich mich in Costa Rica verliebt. Das Reisen ist so unkompliziert, die Hostels sind schön, die Natur ist überwältigend. Und das Beste daran ist, daß wir alles auf eigene Faust erkunden können. Eine Seltenheit in Zentralamerika. In jedem Park gibt es Wanderwege, Karten und eine faszinierende Tier- und Pflanzenwelt.

Der Nebelwald von Monteverde ist nur ein Höhepunkt unserer Reise. Jeden Tag werde ich aufs Neue überrascht. Wir baden in einem heißen Fluss am Fuße eines Vulkans, wandern an brodelnden Schwefelquellen vorbei und spielen Tarzan und Jane, indem wir uns an Drahtseilen befestigt durch den Regenwald schwingen. Genießen das Reggae-Feeling an der Karibik, werden von Brüllaffen geweckt, bestaunen Faultierbabies in einer Tierrettungsstation, sehen fette Krokodile auf Sandbänken chillen, beobachten Waschbären, Schildkröten, Tukane, bunte Schmetterlinge und unzählige Affen, die mindestens genauso neugierig sind wie wir.

Nach zwei Wochen sehen wir San José, die Hauptstadt Costa Ricas,  aus dem Flugzeug unter Wolken verschwinden. Die Zeit ist viel zu schnell vergangen, doch länger hätte unser Budget nicht gereicht. Während die Maschine immer mehr an Höhe gewinnt und sich unter mir die Wolkendecke vollständig schließt, weiß ich eines ganz sicher: Ich komme wieder!

So haben wir uns immer Afrika vorgestellt – der Nationalpark Rincón de la Vieja…

…mit seinen bunten Echsen, die uns regelmäßig einen Schrecken einjagen, weil sie plötzlich aus dem Gebüsch schießen und wie angewurzelt stehen bleiben…

…und mit seinen zahlreichen Erdlöchern im vulkanischen Untergrund („Fumarole“ genannt), aus denen pausenlos das Erdinnere in die Atmosphäre dampft…

…oder brodelt, wie bei dieser heißen Schwefel-Quelle, auch „Schlammtopf“ genannt, in deren Nähe es widerlich nach faulen Eiern stinkt.

Ganz anders ist der Nebelwald von Monteverde…

…im zentralen Hochland Costa Ricas. Kühl, feucht und ziemlich ruhig liegt das tropische Naturschutzgebiet auf einer Höhe von bis zu 1800 Metern…

…mit mehr als 2500 verschiedenen Pflanzenarten, die nicht nur auf dem Boden, sondern oft auch direkt an und auf den riesigen Bäumen im Park wachsen.

Ein anderes Highlight in Monteverde ist „Canopy“…

…dabei rauschen wir an Stahlseilen gesichert kreuz und quer durch den Nebelwald. Manchmal 30 Meter und mehr über den Baumkronen.

Kleine Verschnaufpause, bevor es richtig heftig wird…

…denn beim Finale, dem sogenannten „Superman“, hängen wir mit dem Kopf nach unten an einem 1 Kilometer (!) langen Seil, das zwischen zwei Bergen gespannt ist. Mit wahnsinnigem Tempo gleiten wir die ersten Meter durch dichte Nebelschwaden, die kurz darauf verschwinden und den Blick in das rund 300 Meter tiefe Tal unter uns freigeben – ein Adrenalinschub, an den wir noch lange zurückdenken werden.

Nur wenige Kilometer von Monteverde entfernt ragt der wohl bekannteste Vulkan Costa Ricas in den Himmel – der „Arenal“. Bis vor anderthalb Jahren war er aktiv, spuckte oft mehrmals täglich kleinere Mengen Lava und Asche in die Umgebung. Schade, daß er nun schläft, denn für uns heißt das, wieder kein aktiver Vulkan…

…und wir müssen uns mit den erkalteten Vulkangesteinsbrocken zufrieden geben, die überall rund um den Arenal herumliegen – kleine Klumpen…

…aber auch große Brocken, über die man klettern muss.

Zum Abschluss des Tages gönnen wir uns ein Bad im heißen Fluss. Das Wasser kommt vom Vulkan, dampft und sprudelt um uns herum. Die Stelle ist ein Geheimtipp unter den Einheimischen – kein Eintritt und keine anderen Touristen.

Karibik! Nach gut einer Woche erreichen wir das Dorf Cahuita an der Ostküste des Landes und stehen zum ersten Mal in unserem Leben am Karibischen Meer…

…sehen einen, ja, äähhhh, …Waschbär…

…und Brüllaffen, bei deren Brüllen wir zuerst ordentlich zusammenschrecken und an Löwen denken (die es hier gar nicht gibt)…

…und natürlich Faultiere, die als eine Art Wahrzeichen der Region gelten und besonders bei den Touristen beliebt sind. Ob in freier Wildbahn…

…oder in einer der Tierrettungsstationen (vorne ein Dreifinger- und hinten ein Zweifinger-Faultier). Normalerweise schlafen sie 18 Stunden am Tag, die restliche Zeit essen die Faultiere Blätter. Um sich möglichst wenig bewegen zu müssen, können sie ihren Kopf bis zu 270 Grad drehen. Und nur einmal pro Woche verlassen die Tiere ihren sicheren Hängeplatz im Baum, um am Boden ihr Geschäft zu verrichten.

Faultiere sind so beliebt, daß sie immer wieder als Werbeträger herhalten müssen, wie bei diesem Mineralwasser aus der Region.

Wir sind auf dem Weg nach Tortuguero im Nordosten Costa Ricas und werden von einem ziemlich heftigen Regenschauer erwischt, ist ja auch Regenzeit…

…zum Glück ist Regen aber die Ausnahme. Unsere letzten Tage im Land verbringen wir bei herrlichem Wetter – hier am Bootsanleger unseres Hostels in Tortuguero, einem Kleinen Dorf im Regenwald, das nur per Boot oder Flugzeug zu erreichen ist.