Goa

16 Okt

Reisen in Indien ist ein Abenteuer. Das merken wir spaetestens als wir im Nachtzug Richtung Goa liegen. Alles ist laut, knattert, ruckelt. Von ueberall starren Augenpaare. Der Zug rumpelt ueber wackelige Bruecken hinein in die Nacht, ins Ungewisse. Auf der Fahrt treffen wir die ersten Backpacker und freuen uns ueber vertraute Gesichter in der Fremde. Am naechsten Morgen werden wir durch den Duft von frischem Chai geweckt, kosten leckere Dosas – eine indische Spezialitaet – und blicken in eine traumhaft-gruene Palmenlandschaft. Die lange Reise hat hier vorerst ein Ende.

Es folgt eine schweisstreibende Hostelsuche. Wir werden mit einem riesigen Zimmer mit Meerblick und Balkon zum Spottpreis belohnt. Es folgt der erste Sprung in die weiten Fluten des Ozeans. Die Ernuechterung kommt kurz danach. Obwohl ich in Shorts und T-Shirt gehuellt bin, um die prueden Inder nicht zu verschrecken, stehen diese aufgereiht am Strand, um die noch allzu weisse Haut zu begutachten, zu fotografieren und zu kommentieren. Entspannung am Strand habe ich mir anders vorgestellt.

Auch die Suche nach einem Restaurant oder einer Garkueche gestaltet sich an der einzigen, grossen Strasse als stressig. Staendig rasen Autos und Busse in einem unheimlichen Tempo vorbei. Es bleibt oft nur der Sprung Richtung Strassengraben. Spaeter ist das Gesicht von den Abgasen russgeschwaerzt. Daneben werden wir staendig in irgendwelche Shops gezogen, um Saris oder andere Souvenirs zu kaufen, oder mit erstaunten Kommentaren wie: „You are sooooo white, Madame!!!“ bedacht. Weiss bin ich wirklich, aber braeunen geht mit Kleidern am Strand und in staendiger Gesellschaft starrender Inder auch nicht so gut. Wir beschliessen weiter zu reisen.

Weiter im Sueden von Goa finden wir das Backpackermekka Palolem. Zwar sind die hier typischen Strandhuetten fuer Backpacker noch nicht aufgebaut, da Vorsaison ist, aber das tut dem Flair keinen Abbruch. Aufstehen, Yoga, Muesli essen, Strand, relaxen… ist fuer die naechsten Tage unser Programm. Herrlich! Krishna ist der wohl verrueckteste und unkonventionellste Yogalehrer in ganz Goa. So entspannt, dass er teilweise vergisst uns aus unseren verkorksten Yogastellungen zu entlassen und wir ueber 5 Minuten in einer eigentlich unmoeglichen Stellung verharren.

Die Yogastunden peppt er mit spannenden Geschichten zum Thema Spiritualitaet und Yoga auf. Zum Beispiel spricht er ueber das richtige „Kokusnuss-Karma“, da Uwe Angst hat, von einer der vielen Kokosnuss-Bomben erschlagen zu werden, die hoch in den Palmen haengen. Laut Krishna passiert das auf keinen Fall, hat man das richtige Kokosnuss-Karma. Nur schlechte Menschen wuerden von Kokosnuessen erschlagen. Unser Karma sei sehr gut, also nichts zu befuerchten. Beruhigend.

In den Yogastunden lernen wir Meredith, eine nette Kanadierin kennen, die in einem Slumprojekt in Mumbai arbeitet und Urlaub in Goa macht. Die naechsten Wochen reisen wir zusammen. Dank Krishna und der schoenen Atmosphaere fuehlen wir uns nach einer Woche erholt und gestaerkt fuer weitere Abenteuer.

Palolem Strand

Nach nur wenigen Metern rollt unser Bus an einem riesigen „Oktoberfest in Goa“-Plakat vorbei. Oha, so hatten wir uns das nun wirklich nicht vorgestellt. Und die kommenden Tage bestaetigen unsere Befuerchtung: Das legendaere Hippie-Idyll, der Geheimtipp, ist laengst dem Lonely-Planet-Tourismus gewichen, uns inklusive. Links und rechts der Strasse werben kleine Laeden wie selbstverstaendlich nicht nur auf Englisch, sondern auch auf Deutsch und Russisch – nicht viel anders duerfte es gerade auf Mallorca aussehen.

Desillusioniert retten wir uns an den Strand und koennen zum ersten Mal geniessen – den warmen Sand, die riesigen Palmenwaelder, eine Sicht bis zum Horizont, weit ueber den tuerkis-schillernden Ozean, die kleinen Kraeusel und Blitzer auf der Wasseroberflaeche, die Fischer weit draussen, die Ruhe, das Rauschen, Oktoberfest, fuck you!

Wir entdecken Palolem, einen kleinen Backpacker-Ort im Sueden. Traumhafter Strand, interessante Leute, gut-sortierte Buchlaeden und viele kleine Garkuechen – es gibt sie doch noch, die Idylle, die Goa so beruehmt gemacht hat. Und wir beginnen mit Yoga, jeden Morgen auf dem Hausdach von Krishna, unserem Lehrer – klingt nach Touri-Kitsch, ist es auch. Und trotzdem haben wir uns selten so gut gefuehlt wie in diesen Tagen. Wir bleiben eine Woche, es wird die beste Zeit unserer Indien-Reise.

Und wir entdecken die andere, die geheimnisvolle, die mystische Seite von Goa, das Spirituelle, vor allem nachts, hier, wo Hindus, Buddhisten, Christen und Muslime ihre Riten abhalten.

Ein Feuerschrein mit Raeucherkerzen, Goetterbildern und Blumengirlanden, der von Hindus wie Christen gleichermassen zu Festtagen "entzuendet" wird.

Hinterhof-Atmosphaere.

Vollmond in Palolem.

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